the-jewish-quarter
Jerusalemer Rundgänge

Das jüdische Viertel

Läden entlang des CardoDer Cardo im jüdischen Viertel der AltstadtDie breite Mauer im jüdischen ViertelDie Hurva Synagoge im jüdischen ViertelDie vier sephardischen Synagogen
Die Jerusalemer Altstadt erstreckt sich über einen knappen Quadratkilometer und ist von Wällen umgeben, die in ihrer heutigen Form vom türkischen Sultan Süleyman dem Prächtigen im 16. Jahrhundert errichtet wurden. Das jüdische Viertel ist eines von vieren – die anderen sind das christliche, das armenische und das moslemische Viertel.

Diese Unterteilung gibt es seit dem Mittelalter. Das jüdische Viertel gehört zu den ältesten Teilen Jerusalems und geht auf die Erhebung Jerusalems zur Hauptstadt des jüdischen Volkes durch König David im 10. Jahrhundert v. Chr. zurück.

Das jüdische Viertel ist nur zu Fuß zu besichtigen; Anwohner stellen ihre Autos auf einem Parkplatz am äußersten Ende ab. Die traditionelle Hauptstraße des Viertels, der Cardo Maximus, stammt aus der römischen Zeit, die Häuser hier jedoch aus dem 19. Jahrhundert, und die Synagogen aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Das Viertel wurde im Verlauf der Geschichte wiederholt zerstört und wieder aufgebaut, und ein Rundgang ist wie eine Reise durch die Zeit.

Wo sonst findet man die Überreste eines 2000 Jahre alten jüdischen Hauses im Keller einer Privatwohnung? Oder ein archäologisches Museum von Priestern, die im Tempel dienten, unter einer modernen Torah-Schule, und zeitgenössische Läden in einem 1000 Jahre alten Gebäude? Dazu kommen jüdische Altertümer, die sich in unmittelbarer Nachbarschaft des jüdischen Wohnviertels  befinden, wie die Klagemauer und die historische Davidsstadt.

Etwa 600 jüdische Familien leben hier. Während des israelischen Unabhängigkeitskrieges fiel das Viertel und blieb 19 Jahre lang unter der Herrschaft Jordaniens, in deren Verlauf zahlreiche Synagogen und Gebäude zerstört oder als Stallungen benutzt wurden.
Seit dem Sechs-Tage-Krieg befinden sich die Altstadt und damit das jüdische Viertel wieder in israelischen Händen; letzteres wurde bis 1983 umfassend wieder herstellt.

Ein Rundgang durch das Viertel beginnt in seiner Mitte, auf dem Platz neben dem Cardo und an der seit kurzem wieder aufgebauten  Hurva Synagoge, die ebenfalls einen Besuch wert ist (Voranmeldung).

Im überdachten Teil des Cardo findet sich eine Kopie der byzantinischen Mosaik-Stadtkarte aus dem 6. Jahrhundert, die im jordanischen Madaba gefunden wurde. Die große Kirche im Zentrum der Karte stellt die Kirche des Heiligen Grabes dar, die im christlichen Viertel der Altstadt steht. Links ist das Areal des gegenwärtigen Damaskusstores zu erkennen, und daneben ein Maßstab, der die Entfernung zu anderen Städten misst, wie etwa Nablus und Damaskus.

Die Geschäfte entlang des Cardo wurden den ursprünglichen Läden nachempfunden, die hier im 12. Jahrhundert während der Kreuzfahrerzeit existierten. Von hier führt der Weg die Chabad Street hinauf und in nördlicher Richtung bis einer eisernen Treppe: Hier bietet sich ein wunderbarer Blick auf die Dächer der Stadt.  Über die Treppe geht es über die HaYehudim Street zur „Breiten Mauer“ (hier finden sich auch saubere öffentliche Toiletten).

Die breite Mauer auf der Plugat HaKotel Street ist eines der wenigen Überbleibsel des jüdischen Viertels aus der Zeit des Ersten Tempels. Die Mauer wurde von König Hesekiah errichtet, der sich mit der Bedrohung Jerusalems durch die Assyrer auseinandersetzen musste. Die bereits in der Bibel erwähnten Assyrer eroberten das benachbarte Königreich Israel im Jahre 722 v. Chr. König Hesekiah von Judäa verbarg die Wasserzufuhr seiner Hauptstadt Jerusalem, die Gihon-Quelle, die sich außerhalb der Stadtmauern befand, indem er einen versteckten Tunnel graben ließ. Dieser versorgte sie Stadt mit Wasser, und so konnte sie im Jahre 704 v. Chr. der assyrischen Belagerung standhalten.

Die Mauer, die Hesekiah zum Schutz der Quelle bauen ließ, ist sieben Meter breit (daher der Name), und acht Meter hoch. Sie wird in der Bibel bei Jesaja erwähnt: Ihr zähltet auch die Häuser  Jerusalems und brachet sie ab, um die Mauer zu befestigen  und machtet ein Becken zwischen beiden Mauern für das Wasser des alten Teiches… (Jes. 22:10-11).

Mit dem alten Teich ist das Wasserreservoir Shiloah gemeint, und die Zerstörung der Häuser in seiner Umgebung erlaubte eine schnelle Fertigstellung des Tunnels vor dem Eintreffen der feindlichen Armee.
Weiter geht es durch die Bet El Street zu den so genannten “Zufluchtshäusern” (Batei Machaseh). Die Gebäude hier  wurden Mitte des 19. Jahrhunderts errichtet, um den beengten Wohnverhältnissen im jüdischen Viertel Abhilfe zu schaffen. Das Gelände wurde von einem wohlhabenden Philanthropen erworben, und die Wohnungen galten mit zwei Zimmern, einer eigenen Küche und einer gemeinsamen Zisterne als geräumig, stellen aber auch eines der ersten Beispiele des sozialen Wohnungsbaus in Jerusalem dar. Sie wurden an minderbemittelte Familien für wenig Geld oder umsonst vermietet. Kurz darauf entstanden die ersten jüdischen Wohnviertel außerhalb der alten Stadtmauern, Mishkenot Sha´ananim und Yemin Moshe, heute zwei besonders malerische Gegenden der Neustadt.

Am südliche Ende des Vorplatzes der historischen “Sozialwohnungen”, neben der dortigen Schule,  kann man hinunter in die Apsis der “Nea Kirche”, errichtet im 6. Jahrhundert im Auftrag von Justinian. Sie erscheint auch auf der Karte aus Madaba. Der Wächter bewahrt den Schlüssel der Kirche auf.
Vor dort führt der Weg über die Gilad Street und dann links durch die Tiferet Street zu den vier sephardischen Synagogen auf der Mishmarot ha-Kehuna Street. Die Eintrittsgebühr beträgt  5 NIS für Kinder und 7 NIS für Erwachsene.

Im 17. Jahrhundert errichteten Nachkommen von Juden, die der Inquisition in Spanien entkommen waren, hier eine Synagoge, die sie dem Andenken an Rabbi Yochanan ben Sakkai weihten. Er gilt als Erneuerer des jüdischen Glaubens nach der Zerstörung des Zweiten Tempels durch die Römer im Jahre 70 n. Chr. und Gründer des rabbinischen Judentums. Die Synagoge besitzt zwei Torah-Schreine. Im Verlauf des Unabhängigkeitskrieges wurde das Gebäude zerstört und nach dem Sechs-Tage-Krieg wieder aufgebaut. Heute ist die Synagoge das Bethaus der sephardischen Gemeinde in der Altstadt.

Eine Verbindungstür führt in die benachbarte Synagoge, die dem Propheten Elias gewidmet ist, und die einen prächtigen Torah-Schrein aus Italien beherbergt. Der Legende zufolge soll hier einst der Prophet Elias erschienen sein, um die Zahl der Betenden auf die erforderlichen zehn zu vervollständigen, um danach wieder zu verschwinden.

Das dritte ist die “Kahal Zion” Synagoge. Am Eingang befindet sich eine leere Mauer, zur Erinnerung an die Zerstörung des Tempels. Die Istanbul Synagoge ist die vierte und wurde im 17. Jahrhundert von türkischen Juden errichtet. Auch dieses Gotteshaus wurde 1948 zerstört und danach rekonstruiert und dann mit einem Torah-Schrein aus der Türkei ausgestattet. Der Überlieferung zufolge soll einst ein Tunnel das Grab König Davids auf dem Zionsberg mit diesen vier sephardischen Synagogen verbunden haben, wurde aber bis heute nicht entdeckt.

Das jüdische Viertel bietet zahlreiche weitere Sehenswürdigkeiten, nur wenige Minuten zu Fuß von einander entfernt: Das Zionstor, das auf den außerhalb der Stadtmauern liegenden Zionsberg mit dem Grab König Davids und dem Saal des letzen Abendmahles führt, das Silberberg Haus (gegen Eintrittsgeld und mit Voranmeldung), das Museum der alten jüdischen Gemeinde (Eintrittsgeld), die Ramban Synagoge, das Modell des ersten Tempels (Voranmeldung und Vorausbezahlung), das herodianische Viertel, das Verbrannte Haus (Eintrittsgeld), einen übergreifenden Blick auf die Klagemauer, den Vorplatz und den Tempelberg (letzterer untersteht gegenwärtig dem moslemischen Waqf), und die Synagoge der Karaiten, die je nach dem wissenschaftlichen Ansatz als Abkömmlinge derjenigen Juden gelten, die nach dem babylonischen Exil nicht ins Heilige Land zurückkehren, oder als Nachfahren der Chasaren, eines historischen Turkvolkes aus Zentralasien, betrachtet werden, sich aber auf jeden Fall zum jüdischen Glauben bekennen.